Die „Radbahn“ – endlich ein realistisches und einfach zu realisierendes Projekt, dass Berliner Radfahrern das Vorwärtskommen erleichtern könnte.
Fast auf der ganzen Strecke überdacht ist die Radbahn. Das ermöglicht beinahe neun Kilometer langes – relativ wettergeschütztes und vor allem sicheres, weil vom Automobilvekehr abgeschottetes – Fahren. Wieso? Weil die Radbahn unter der 120 Jahre alten Hochbahn U1 verläuft; oder verlaufen könnte. Vom Bahnhof Zoo aus bis hin zur Warschauer Brücke zieht sich die geplante Strecke. Radler könnten somit vier Bezirke einfach erreichen und durchqueren: Charlottenburg, Schöneberg, Kreuzberg und Friedrichshain. Und das schnell.
Denn wenn die Strecke unter der Hochbahn exklusiv von Fahrrädern genutzt wird, bedeutet das vor allem, dass die Gefahren, die durch einen geteilten Verkehr (Autos, Transporter, Busse, Straßenbahnen, Fußgänger und Fahrräder) entstehen, größtenteils eliminiert werden. Als Radler hätte man so nur noch auf das eigene Tempo und die anderen In-die-Pedale-Treter zu achten – nicht mehr auch auf Ampeln und Kraftfahrzeuge, Vorfahrten und so weiter.
Besseres Stadtbild und Image für Berlin
Berlin ist eine tolle Stadt, aber bei weitem keine Schönheit. Sie ist speziell, ja, charmant vielleicht auch noch, aber eins ist sicher: Sie ist nicht wirklich fahrradtauglich. Das zeigt sich Jahr um Jahr an den verlorenen Plätzen im Ranking um die fahrradfreundlichste City in Deutschland. Platz 12 im Jahr 2015 ist für eine Hauptstadt recht miserabel. Von etwa 1500 Kilometern des Hauptverkehrsstraßennetzes ist nur etwa die Hälfte mit einem Radweg gesegnet. Und der verläuft dann auf Gehwegen.
Ein Hindernissparcours ist bereits eingeplant, denn manchmal wird der Radweg von einem Baum, einem Auto, Wurzeln, Mülltonnen und Lieferwagen verstellt. Von Witterungs- und müllmachenden Erscheinungen mal abgesehen: Nasses Laub und Schnee, Frost und Glasscherben bilden keinen von Reifen favorisierten Belag… Zudem passieren die meisten Unfälle dementsprechend beim Zusammenstoß mit Fussgängern. Hier würde der Radweg infrastrukturelle Abhilfe verschaffen und durch das geplante Design alleine schon für einen visuellen Augenschmauß sorgen. Ein wenig architektonischer und vor allem funktioneller Zierrat würde Berlin wirklich aufhübschen und in keinster Weise schaden. Vom Spaß, den die Radbahn dem Fahrradfahrer einbringen würde, ganz zu schweigen.
Außerdem will eigentlich jede Stadt, die was auf sich hält, insgeheim einen Vergleich mit Amsterdam, oder Kopenhagen gehört bekommen…
Speiche(l)n – Fluss durch grüne und effiziente Zukunftsvision
Berlin hat Potenzial. Grün ist es hier. Aber damit auch die Fortbewegung sauberer wird, müsste definitiv mehr für kraftstofffreie Alternativen getan werden. Der Senat plant insgesamt 20 Kilometer neue Radwege bis Ende 2015 bauen zu lassen. Die Grünen wollen 100 km mehr und Schutzstreifen – eine Spur die zwischen Gehweg und Parkstreifen entlang führt und von Bordsteinen auf beiden Seiten abgegrenzt wird. Zumindest Zuparken wäre so nicht mehr möglich.
Mit der Radbahn wäre all dies viel leichter umsetzbar und wahrscheinlich kostengünstiger, da die Strecke schon zu 80% existiert. Die Möglichkeiten unter der U1 das Radeln schöner und besser zu gestalten, sind unbegrenzt. Das dachten sich auch die acht Teammitglieder, die hinter dem Projekt stehen. Ambitiöse, aber durchaus umzusetzende Ideen für die Fahrradstrecke gibt es jetzt schon.
Wie wäre es mit einem integrierten Tempo-System, dass einem angibt, ob man beschleunigen kann oder die Geschwindigkeit halten sollte? Oder einem optimal auf die Drahtesel abgestimmten Bodenbelag, der Grip ermöglicht, aber keinen zu hohen Widerstand leistet? Und wenn wir schon beim Thema Bodenbelag und Widerstand sind: Stromgerzeugung durch das Radfahren auf druckempfindlichen Bodenbelag. Die kinetische Energie, die so gewonnen wird, könnte die eigenen Lichtanlagen betreiben. Ladestationen für E-Bikes und Service-Werkstätten entlang der Fahrbahn könnten angebracht werden. Auch ein optimiertes Vorwärtskommen durch perfekten Anschluss an das Berliner Nahverkehrsnetz ist drin. Car-Sharing oder Bike-Sharing könnten miteinbezogen werden und so Mobilität noch umweltfreundlicher und CO²-armer gestalten. Außerdem soll die Erholung auch nicht zu kurz kommen und so könnten Ruhestege entlang des Kanals oder Cafés und Biergärten für den Feierabend zur Verfügung stehen. Und Pflanzen drumherum, für saubere Luft und Lärmisolierung. All das hofft das Team von Radbahn in die Wege zu leiten.
Übrigens wurde dem Projekt vom Bundesumweltministerium in der Kategorie „Konzept“ der Bundespreis Ecodesign verliehen. Innovative Produkte, Dienstleistungen oder Konzepte, die ökologische Eigenschaften mit innovativen Ansätzen und einem hohen Maß an Design verbinden, werden mit dieser Ehrung ausgezeichnet. Mittlerweile ist das Radbahn-Konzept auch auf den Schreibtischen der Parteien im Berliner Abgeordnetenhaus zu finden.
Zu Unterstützen ist das Projekt am besten durch ein Like. Und fleißiges dafür Plädieren. Oder Pedalieren.
Artikel: Anna Lazarescu
Bilder: Radweg, Fotolia