Drei europäische Großstädte zeigen, dass Fahrradfahren sicherer und schöner werden kann

Radfahren war noch nie ein Zuckerschlecken, wenn man in einer Großstadt wohnt – oder überall anders als in Dänemark oder Niederlanden, die beide an der Spitze der am fahrradfreundlichsten Städten stehen. Die europäische Infrastruktur im Bereich der Radwege lässt vielerorts noch zu wünschen übrig. Städte wie London, Berlin, Paris, Bukarest oder Madrid haben Nachholbedarf, vor allem wenn es um die sichere Routenführung geht. Die meisten Strecken werden von Autos zugeparkt, Lieferwagen versperrt oder schlicht und einfach so schlecht ausgezeichnet, das man sich fragt, ob es überhaupt jemals einen Fahrradweg auf der Strecke gab.

Projekte und Unternehmen zielen immer häufiger darauf ab, Städte zu einem sichereren und vor allem angenehmeren Pflaster für Radler werden lassen. Abstellplätze für Räder müssen genauso her, wie die neuen Fahrradspuren für beide Richtungen. Auch die Fahreinstellung der Autobesitzer muss sich anpassen, damit die Zweiräder vernünftig registriert werden. Ampelphasen müssten in den Innenstädten länger werden, damit Autos, Passanten und Radler genügend Zeit haben die Seiten oder Richtungen zu wechseln.

London

In London laufen beispielsweise gerade die Projekte „The Mayor’s Vision for Cycling in London“ und „Thames Gateway“ an. Zwei voneinander unabhängige und grundverschiedene Ansätze für dasselbe Problem: Die Stadt fahrradtauglicher machen und den Verkehr so zu regeln, dass der Emissionsausschuss geringer ausfällt.

Der Plan des Bürgermeisters sieht Superhighways für die Fahrradfahrer vor, die eine komplette Neuauszeichnung der Fahrbahn nötig machen würde. Fahrradspuren auf beiden Seiten der Straße mit genügend Breite und integriertem Licht auf der Fahrbahn. Der Mittelstreifen würde für das Abstellen der Fahrräder benutzt werden und für die verschiedenen Ausleihstationen.

Diese werden mit Helm und Sicherheitszubehör ausgestattet, sodass man nicht dazu genötigt ist, von zu Hause alles mitzubringen, obwohl man nach 10 Minuten Fahrt vielleicht doch auf die U-Bahn umwechselt. Die Stationen sollen an jeder U-Bahn und an jedem zentralen Knoten- und Umsteigepunkt angebracht werden. Ein weiteres gut durchdachtes Element zur Optimierung des Fahrradverkehrs sind die Silent Roads. Diese sollen abseits der großen und verkehrsüberladenen Straßen verlaufen und durch Seitengassen und Nebenstraßen führen, sodass die Radfahrer schneller und sicherer vorwärts kommen. Der Verkehr mit dem Auto in diesen Zonen soll eingeschränkt werden und nur mit Plaketten und spezieller Erlaubnis zugelassen werden.

Das „Thames Gateway“- Projekt hingegen will den Fahrradverkehr partiell auf die Themse verlegen, um so die Straßen zu entlasten und durch eine direktere Anbindung und schnellere Ankunft von A nach B zu ermöglichen. Die schwimmende Fahrbahn soll sich den Bewegungen der Strömungen und des Wellengangs anpassen, sodass den Radlern auf dem Steg keine Gefahr droht. Wetter, Witterung und Wellengang werden von Satelliten überwacht, damit im Falle einer Gefahrensituation eine Evakuierungsmaßnahme eingeleitet werden kann.

Paris

Ähnlich sieht die Situation in Paris aus, wo der Ausbau von Fahrradwegen bereits begonnen hat und die Spuren ausgebessert werden. Bis 2014 verspricht man sich die 440 km Strecke Radweg zu 700 km ausdehnen zu können. Außerdem sollten 4000 neue Fahrradstelleplätze entstehen und ein Fahrradhaus in der Nähe des Bastille-Viertels entstehen, wo man sein Fahrrad inspizieren und reparieren lassen und ein Rad ausleihen kann. Bessere Bikesharing und Ausleihstationen werden weiterhin in Angriff genommen und sollen den dichten Verkehr entlasten.

Die Preise für das Leihen eines Fahrrads sollen sinken, sodass ein größeres Publikum diese Art von Fortbewegung nutzen kann. „Paris Respire“ (Paris atmet funktioniert beispielsweise nach dem Prinzip, dass bestimmte Straßen zwischen 9 Uhr bis 17 Uhr für den Autoverkehr geschlossen werden. Entlang der Seine, in Marais, am Canal Saint Martin und rund um den Montmartre, wie auch in anderen Bereichen Paris entstehen temporäre Fußgängerzonen und Fahrradwege. Seit 2007 gibt es das Programm „Vélib“ ein kostenfreier Radverleih.

Berlin

In Deutschland arbeitete man vor allem in Berlin und in Wiesbaden, eine der fahrradunfreundlichsten Städte daran, eine Verbesserung zu erzielen. Mit einer interaktiven Map namens „Dynamic Connections“, die unter dem Mantel des BMW Guggenheim Labs vom Lab City Project entwickelt worden ist, wurden die Fahrradwege von Radlern erfasst, die gut sind und solche die keine genügenden Voraussetzungen haben, als sicher zu gelten. Die Informationen wurden gesammelt und daraus wurde dann eine Karte erstellt, die genau darüber Auskunft geben kann, welche Routen gerne genommen werden, weil sie sicher und stressfrei sind und welche nicht, weil entweder die Spur fehlt, der Verkehr zu groß ist oder sonstige Faktoren eine angenehme Fahrt verhindern.

Wiesbaden nahm sich die „Dynamic Connections“ als Vorbild und Scholz & Volkmer entwickelten gemeinsam mit Künstlern Manfred Kraft und Tom Kresin eine App, die Hirnströme misst und somit weiß, wann ein stressiger Augenblick droht und welche Strecken entspannt abgefahren werden. Das Projekt nennt sich „Radwende“ und ermöglicht die am häufigsten und stärksten von Fahrrädern befahrenen Strecken ausfindig zu machen. Freiwillige meldeten sich und so entstand ein nützliches Stück Kunst, welches bis zu 22.719 km Strecke und 4.166 Routen kartographiert hat. Die daraus entstehenden Karten konnten als Print erworben werden.

Radwende from Herbert Stattmann on Vimeo.

Eine Bandbreite an Möglichkeiten steht offen und wird in den nächsten Jahren ausgearbeitet werden, sodass die städtische Infrastruktur bald ganz anders aussehen könnte, als die, mit der wir aufgewachsen sind und kennengelernt haben. Auf das das Fahrradfahren zunimmt!

Text: Anna Lazarescu