Ford setzt Zeichen und bewegt sich stetig nach vorn. Kaum ein anderer Automobilhersteller hat in den letzten Jahren mehr an der Reduzierung seines eigenen Karbonabdruckes gearbeitet und Jahr für Jahr neue Möglichkeiten entdeckt, herkömmliche Materialien zu ersetzen. Kollaborationen wurden angestrebt, Experimente gemacht und natürliche Rohstoffe andersartig verwendet. Der neue Partner an Bord ist Heinz. Heinz, mit seinen Ketchups und den Tomatensuppen. Heinz mit seiner fast 150 Jahre alten Tradition aus den roten Früchten das Beste zu holen und sich seit ebenso langer Zeit für Nachhaltigkeit im Betrieb und wenig Wasserverbrauch einsetzt. Wer sich nun fragt, wie Tomaten und Autos zusammenhängen und sich wundert ob ein Wagen vielleicht mit Ketchup angetrieben werden könnte, sollte einen Blick auf Fords Vergangenheit werfen.

Bereits 2001 begann ein Team aus sieben Spezialistinnen in der Abteilung für „Verbesserte und erneuerbare Materialien“ nach geeigneten Biomaterialien zu suchen, die Erdöl beziehungsweise Plastikteile im Automobil überflüssig machen. Aller Anfang ist schwer und so wurde Ford ausgelacht, von Konferenztischen verbannt und für ihr Vorhaben wenig ernst genommen. 2007 jedoch, gelang es Deborah Mielewski, Leiterin der Plastikforschungsabteilung, und ihrem Team, Fords innovativen Plänen endlich zur nötigen Akzeptanz zu verhelfen und die Idee der erdölfreien Rohstoffe nicht nur als Hirngespinst, sondern auch als umsetzbar und effizient, zu präsentieren. Der 2008er Ford Mustang kam mit Sitzen auf den Markt, die aus einer Soja-Schaumstoffbasis erstellt wurden. Die Beliebtheit des Models und die Treue der Mustangkäufer linderten die Skepsis der Masse und sicherten Ford somit die nötige Glaubwürdigkeit, um weiter an ihren grünen Projekten zu arbeiten. Technische Leiterin des Projektes Cynthia Flanigan werkelte sechs Jahre lang an der Soja-Alternative für die bis dahin auf Plastik basierende Polsterung, die sich heute in neun Ford Modellen und insgesamt 2 Millionen Autos befindet.

Ford Soja-Schaumstoff

Zwei Jahre später folgten aus Getreidefasern entwickelte Ablagefächer im Ford Flex. Ebenso wurde mit Hanf, Getreidefasern, Kokosbast und alten Jeans als Isoliermaterial und Dämmstoff, sowie alter Währung, wie auch mit Baumzellstoffen experimentiert. In den Türen des Ford Escape Models befand sich eine Pflanze, die mit Baumwolle und Okra verwandt ist. Das tropische Gewächs mit dem Namen Kenaf, lieferte das Harz, welches die auf Öl basierenden Materialien ersetzte. Ford ersparte sich jährlich so beinahe 136.100 Kilogramm des auf petrolbasierenden Stoffes.

Ford Bioplastik Kenaf

2011 gelang ein größerer Schritt nach vorne und der Konzern schloss sich mit der Firma Ecovative zusammen, die aus Pilzresten und anderen natürlichen Ingredienzien, wie Maisstärke oder Getreidehülsen, einen Ersatz für Styropor und Schaumstoff erstellt. Die natürlichen Ingredienzien machen die Verwendung von Erdölen bei der Herstellung überflüssig. Das entstehende Produkt ist leichter als herkömmliches Plastik, ist biologisch komplett abbaubar, verwendet Rohstoffe, die ansonsten landwirtschaftlicher Abfall wären, verfügt über eine bessere Schall- und Temperaturisolierung, ist feuerabweisend, erschwinglich, und benötigt bei der Produktion weniger Energie. Ford zielt darauf ab mehr als 13 Kilogramm des regulären Plastikbestandes ihrer Autos mit natürlichen, weniger umweltschädlicheren Stoffen zu ersetzten. Zum Einsatz kämen die Pilzfasern in den Stoßdämpfern, in den Türen oder in der Armatur.

Ecovative Pilz-Bioplastik

Heinz bietet Ford keine Pilze an, aber die Abfälle von über 2 Millionen Tonnen Tomaten. Aus den Schalen, Blättern, Stängeln soll ein Bioplastikgemisch entstehen. Ob sich das Projekt umsetzen lässt und das neue Material in den Fahrzeugen zum Einsatz kommt, ist noch unklar. Es wird zurzeit noch daran gefeilt. Stellt sich heraus, dass sich die Tomatenreste als Grundbasis eignen, würde das bedeutet, dass nicht nur der verinnerlichte, wie auch der bei der Produktion entstehende CO2-Abdruck der Ford Wagen kleiner werden würde, sondern zudem der Treibstoffverbrauch durch leichtere Materialien, ungefähr 20% des Endproduktes bestünden aus Tomatenrohstoffen, verringert würde. Auch Heinz sollte zufrieden sein, da für sie die Entsorgung der Nahrungsmittelabfälle ein nunmehr kleines Übel darstellt.

Bioplastikexpertin und Leiterin des Projektes Dr. Ellen Lee erklärte, dass es nötig sei die Tomatenabfälle mit Polypropylen zu erhitzen. Dabei sei es besonders wichtig, die Hitze geringer als gewöhnlich zu halten, damit die natürlichen Fasern nicht zerfallen. Schwierig würde es  nur, wie bei anderen Plastikgemischen auch, die Tomatenfasern beim Recyceln wieder von dem Rest zu trennen. Die Tomaten sind 100% abbaubar, das Polypropylen jedoch nicht, was die Forscher derzeit nach Lösungen suchen lässt. Falls sich jedoch herausstellen sollte, dass Tomaten fähig sind, Ford die Grundlage zu geben, die sie für ihre plastikfreie Reform benötigen, würde eine andere Firma beauftragt werden, die Einzelteile für den neuen „Ford Tomato“ herzustellen. Bevor die Wägen serienmäßig auf den Markt kämen, würde das Bioplastik vorerst in ein Model integriert und ausgetestet werden. 2012 gab Bill Ford auf einem Meeting bekannt, dass sich 85% eines Ford Wagens recyceln lassen, es kann demnach sein, dass in Zukunft die beliebten scharlachroten Mustangs in ihrem Inneren ehemals rote Früchte tragen werden, die diesen Prozentsatz noch besser aussehen lassen.

Text: Anna Lazarescu

Bilder:Leon Kaye @ twitter /GreenGoPost