China und seine Taxis auf dem Weg zur Elektromobilität
Es häufen sich die Nachrichten, dass auf den Straßen chinesischer Großstädte eine Revolution in Gange ist. So gab die Verkehrsbehörde der mit 12 Millionen Einwohnern riesigen Metropole Shenzen bekannt, dass 2018 in der Stadt 20.000 Elektrotaxis ihre Fahrgäste transportiert haben. Das entspricht über 90 % der Taxis in der an Hongkong angrenzenden südchinesischen Metropole. Diese und weitere Fakten sind eine echte Revolution, wenn du dir vor Augen führst, dass der Anteil von Elektrotaxis zum Beispiel in Berlin bei rund 0,2 % liegt. Insgesamt gibt es in Deutschland kaum mehr als 100 Elektrotaxis. Shenzen hat den Ehrgeiz bekundet, im Elektromobilbereich führend zu werden. Im Jahre 2017 etwa hat dort der Taxikonzern Xihu dort 3.200 Elektrotaxis gekauft. Tatsächlich stehen diese Zahlen stellvertretend für die Gesamtsituation im Elektromobilsektor. Bereits im Sommer teilte die Stadt Guangzhou mit, dass mittlerweile 10.000 Elektrobusse in der Metropole fahren. In China sind heute insgesamt mindestens 800.000 Elektroautos unterwegs, in den USA 230.000 und in Deutschland gerade einmal 62.000, rechnet man überall die Hybrid-Modelle ein. Das berichtet der Clean Energy Report der internationalen Energieagentur. Die Agentur bescheinigt China und Norwegen vorbildliche Strategien bei der Durchsetzung der Elektromobilität.
China will auch im Umweltschutz den großen Schritt nach vorne machen
Schon seit einiger Zeit hörst du aus China, dass das bevölkerungsreichste Land der Erde dem Elektroauto zum Durchbruch verhelfen will. Smog und Umweltschmutz in den zahlreichen Millionenmetropolen machen die Verdrängung der kraftstoffgetriebenen Fahrzeuge zum dringlichen Problem. Allein die Umstellung der Taxiflotte in Shenzen wird dort den jährlichen CO2-Ausstoß um 856.000 Tonne reduzieren. Die Umweltbelastung heute ist für alle spürbar. Die Elektrifizierung ist nicht nur eine gute technische Lösung, sondern erscheint als rettende Lösung für ein auch politisch brisantes Problem. Die chinesische Regierung sprach im letzten Jahr in einer Mitteilung vom „Krieg gegen die Umweltverschmutzung“. Der Vize-Minister für Industrie der Volksrepublik China, Xin Guobin, sprach von einem „Zeitplan für den Ausstieg aus Produktion und Absatz von benzinbetriebenen Autos“. Es gibt keinen Zweifel, es ist der chinesischen Regierung Ernst beim Kampf für den Erhalt der Umwelt. Sie hat erkannt, dass China ohne eine solche Politik an dem Ast sägt, auf dem das Land sitzt.
Betrifft der chinesische Sprung nach vorn auch uns in Europa?
Vielleicht stellst du dir die Frage, warum China hier so weit vorne liegt im Vergleich zu den anderen Industrienationen der Welt. Sicher ist zu notieren, dass einige Rahmenbedingungen im Land des Drachen anders sind, weil einfacher von oben nach unten verordnet werden kann. Der chinesische Hersteller Byton, in dessen Top-Management auch ehemalige BMW-Manager sitzen, macht mit innovativen Entwicklungen auf sich aufmerksam. So wurde im letzten Jahr ein elektrischer SUV vorgestellt. Die logistischen und technologischen Probleme sind aber in der chinesischen Marktwirtschaft die gleichen und offenbar besser gelöst als bei uns. Als größte Hemmnisse beim Ausbau der Elektromobilität etwa für Taxifahrer werden die fehlende Ladeinfrastruktur und die noch zu geringe Reichweite der Fahrzeuge benannt. Aber warum lässt sich das in Shenzen lösen, aber nicht in Berlin? Die Norweger beweisen, dass auch in einer Demokratie und im Flächenland die Elektromobilität viel schneller durchgesetzt werden könnte. Sie sind mit mehr als 5 % des Gesamtbestandes und über 50 % bei Pkw-Neuzulassungen Weltmeister in der Elektrifizierung. Ähnlich fortschrittlich sind Island und Schweden. Es fällt auf, dass diese drei Länder keine großen Automobilhersteller beherbergen. Diese wirken offenbar bremsend auf die Entwicklung. Anders ist das in China, wo die Elektrifizierung mittlerweile mit radikalen Mitteln durchgesetzt wird. China fordert von den Herstellern, jeweils einen hohen Anteil an Elektroautos zu produzieren. Für jeden Hersteller gilt dort, dass jedes vierte im Land hergestellte Fahrzeug elektrisch betrieben sein muss. Diese Forderung wird durch massive staatliche Subvention der Infrastruktur begleitet.
Denk doch einmal nach, welche Folgen diese Entwicklungen für uns ganz direkt hier in Europa haben könnten. Neben dem Umweltschutz zielt China noch auf etwas anderes. Die radikale chinesische Politik bei der Durchsetzung der Elektromobilität bedroht langfristig die europäischen Hersteller. China beherrscht mit einem Drittel aller Neuzulassung weltweit den globalen Markt. Zwar haben es die Chinesen nicht geschafft, im Sektor der Verbrennungsmotoren mit Eigenentwicklungen die führende Rolle europäischer Hersteller erfolgreich anzugreifen. Im Sektor der Elektromobilität könnte das anders werden. Mit seiner Marktmacht betritt China den Weltmarkt der Elektrofahrzeuge und nimmt eine führende Rolle ein. Die staatlichen Subventionen sorgen vor allem für einen schnellen Ausbau der Ladeinfrastruktur. Norwegen, Island und Schweden machen vor, wie das auch in Europa funktionieren kann. Es würde den Standort Europa für die Automobilindustrie sicherlich befördern, würde dieser Weg hier ähnlich entschlossen betreten. Das würde die Zukunft für dich und deine Kinder besser sichern. Das ist aber leider noch nicht der Fall. So beklagten die Verbände der Automobilindustrie etwa jüngst die Vorgaben der EU für das Spritsparen, anstatt sich auch hier freudig auf den Weg in die Zukunft zu machen.