Konsum ja, Besitz nein: neue Mobilitätskonzepte wie das Car-Sharing setzen sich durch
Dass Mobilität nicht zwangsläufig mit dem Besitz eines Transportmittels verbunden sein muss, weiß man seit Beginn des 20. Jahrhunderts, als Zugverkehr, Busverkehr und später Flugzeuge sowie Mietwagen ihren Siegeszug antraten. Jetzt im 21. Jahrhundert schicken sich weitere, neuartige Mobilitätskonzepte an, die Palette an Transportmöglichkeiten für Privatpersonen zu erweitern: Beim Car-Sharing, das derzeit in aller Munde ist, teilen sich mehrere Menschen ein Fahrzeug. Genau genommen ist das nicht so, da muss noch zwischen Initiativen wie Stadtauto und DriveNow unterschieden werden, aber grundsätzlich sorgen beide Prinzipien für weniger Autos in den Städten.
Paradoxerweise fördert gerade die Kritik am Automobil als Fortbewegungsmittel die Entwicklung im Bereich Car-Sharing: Um den negativen Effekten des Autofahrens wie Ressourcenverbrauch, Umweltbelastung und Lärmbelastung entgegenzuwirken, gilt die gemeinschaftliche Nutzung eines einzigen Fahrzeugs durch mehrere Personen als sinnvolle, moderne und kostengünstige Lösung. Auch Behörden und Firmen haben dies mittlerweile erkannt, wie die zunehmende Anzahl gemeinschaftlich genutzter Firmen- und Behördenwagen beweist. Zum Car-Sharing später mehr, hier geht es erstmal um das veränderte Denken in den Köpfen der jungen Generation.
Fixie statt Ford Fiesta
Vorweg: Das Auto als Statussymbol hat endgültig ausgedient. Selbstdarstellung funktioniert nicht mehr über die coole Karre. Junge Menschen schließen kein Verkehrsmittel kategorisch aus (außer vielleicht die BVG im Hochsommer), sondern wählen es je nach Bedarf. Das beinhaltet auch, dass ein Auto nur dann zur Verfügung stehen muss, wenn es benötigt wird. Beim PKW sind mittlerweile auch nützliche Technologien wie Einparkhilfe und USB-Ports weitaus wichtiger als die PS-Zahl. Belegen lässt sich der Niedergang des Reizes, so früh wie möglich ein eigenes Auto zu haben, am Führerschein. Die Anmeldungen stagnieren seit Jahren, das Durchschnittsalter wird immer höher.
Fahrkarte statt Führerschein
Das Auto bringt einen Arbeitnehmer in einer Großstadt wie Berlin niemals so schnell an den Arbeitsplatz wie es U-Bahn und S-Bahn tun. In den morgendlichen und abendlichen Stoßzeiten ist das eigene Fahrzeug chancenlos. Dazu kommt sicher auch der Trend, den eigenen Körper für Instagram zu perfektionieren. Ein Fahrrad symbolisiert deutlich mehr, dass man fit ist, als ein Seat Mii. Nicht zu vergessen ist das Parkplatzproblem innerhalb der Städte. Für sein eigenes Auto wird man weitaus häufiger suchen müssen, wird Parkplatzgebühren entrichten müssen (was bei DriveNow wegfällt) und dadurch Zeit verlieren. Man ist auch viel mehr an das eigene Auto gebunden, als an ein Leihfahrzeug. Reifen wechseln oder Werkstatt-Checks – all das fällt weg.
ERGO… das eigene Auto hat ausgedient. Wie gehts weiter?
Fakten und Zahlen zum Car-Sharing
Der Grundgedanke beim Car-Sharing ist so einfach wie genial: Das Auto wird nicht als erstrangiges Fortbewegungsmittel betrachtet, sondern als Ergänzung zu ökologisch und ökonomisch sinnvollen Transportmitteln wie Bus, Bahn, Fahrrad und zu Fuß. Grundsätzlich kann unterschieden werden zwischen stationsgebundenen Modellen und Free-Floating-Modellen. Beim stationsgebundenen Car-Sharing wird das Auto an einer festen Station abgeholt und wieder zurückgebracht. Beim Free Floating hingegen kann das genutzte Auto überall innerhalb einer definierten Zone abgestellt werden, ehe es der nächste Nutzer übernimmt. Derzeit existieren in Deutschland etwa 150 Car-Sharing-Anbieter, bei denen rund 1,2 Millionen Teilnehmer registriert sind. Laut BCS (Bundesverband CarSharing) teilen sich bei stationsgebundenen Modellen im Schnitt 45 Nutzer ein Auto, bei Free Floating Modellen kommen 126 Fahrberechtigte auf ein Auto.
Für wen lohnt sich Car-Sharing?
Die Vorteile des Car-Sharing liegen auf der Hand: Für den einzelnen Nutzer ergibt sich durch den Wegfall von Kosten wie Versicherung, Wartung, Garagenmiete und Steuer ein signifikanter Kostenvorteil. Und auch die Gesellschaft profitiert von der Zunahme an geteilten Fahrzeugen, denn Umwelt und Klima werden durch geteilte Fahrzeuge unterm Strich weniger belastet als durch Fahrzeuge, die sich in Privatbesitz befinden. Lukrativ ist das Car-Sharing im Übrigen vor allem für Fahrer, die weniger als 12.000 Kilometer pro Jahr mit dem Auto unterwegs sind.
Car-Sharing und Mietwagen: Geschwister, die sich ergänzen
Car-Sharing- und Mietwagenmodelle weisen Überschneidungen auf, unterscheiden sich jedoch in manchen Punkten. So unterschreibt der Nutzer beim Car-Sharing einen Rahmenvertrag, der ihm die anschließende dauerhafte Nutzung ermöglicht. Anders als ein Mietwagen kann ein Fahrzeug beim Car-Sharing auch sehr kurzfristig, je nach Organisation sogar minutenweise genutzt werden. Nicht möglich ist beim Car-Sharing jedoch das Buchen von Zusatzservices wie Kindersitzen und Umzugszubehör. Der Bundesverband CarSharing betrachtet die zwei Mobilitätskonzepte übrigens nicht als Konkurrenten, sondern als „Geschwister, die sich gegenseitig ergänzen“.
Autonomes Fahren pusht die Entwicklung zusätzlich
Laut Stefan Reindl, Professor für Automobilwirtschaft an der Hochschule Geislingen, wird der Nutzen-statt-Besitzen-Gedanke in der Zukunft weiter an Gewicht gewinnen. Vor allem die Entwicklung im Bereich Elektromobilität und Autonomes Fahren beschleunigt den Trend hin zum Car-Sharing. Dies lässt sich an Anbietern wie Car2Go nachvollziehen, die Elektromobilität und Car-Sharing schon heute kombinieren. Gerade in Ballungszentren wird die energieeffiziente, emissionsarme und komfortable Smart Mobility somit sehr bald das Straßenbild und den Markt beherrschen.