Über Elektroroller und den Wunsch nach Mobilität ohne Bewegung

Jeder kennt Sie, nach Luft schnappende und schwitzende Touristen, bevorzugt aus dem Land des Fast Foods, die ihre adipösen Körper mit erkennbarer Anstrengung einer freundlich grinsenden Fremdenführerin hinterhertragen. Ein Anblick mit steigendem Seltenheitswert. Dies liegt aber nicht an einem plötzlich auftretenden Sinn für Gesundheit, vielmehr herrscht hier das Motto „wieso laufen, wenn ich auch rollen kann?“.

Ein Hype der, wie sollte es auch anders sein, auf der anderen Seite des großen Teichs entstand und von bewegungsscheuen Sightseeing-Liebhabern bis in die deutschen Großstädte gebracht wurde. Es handelt sich dabei um einen Elektro-Stehroller, welcher laut amerikanischen Medien die Zivilisation für immer verändern wird. Der Roller verspricht das, was der durchschnittliche Fastfood Konsument nicht zu träumen wagte: Mobilität ohne körperlichen Aufwand. Sprich: rumstehen, seltsam aussehen und dabei von A nach B, bzw. von einer Fastfoodkette zur nächsten kommen.

Aber wie genau funktioniert der Elektroroller mit dem unaussprechlichen Namen? Dean Kamen, der das Gerät im amerikanischen Fernsehen vorstellte, beschrieb es als „das weltweit erste selbstbalancierende Fortbewegungsmittel für Menschen“. Die High-Tech Gehhilfe mit Elektroantrieb besteht im Wesentlichen aus zwei Rädern und einem kleinen Griff an einer höhenverstellbaren Lenkstange. Um die revolutionäre Fortbewegungsmaschine zum Rollen zu bringen, lehnt man sich einfach leicht nach vorne – zum Abbremsen leicht zurück. Lenken erfolgt nach dem gleichen Prinzip nach linnks und rechts. Das war‘s dann auch schon mit kraftzehrender Körperarbeit.

Je nach Einstellung des Geräts tuckert man mit 8, 12 oder rasanten 20 km/h durch die Landschaft. Während sich die Elektroroller in den USA auch in Privathaushalten größter Beliebtheit erfreuen, stellen Sie in europäischen Großstädten bisher eher eine Touristenattraktion dar. Sind also sämtliche Bierbikes vergriffen, der Wunsch nach öffentlicher Blamage aber trotzdem nicht zu bändigen, leiht man sich einfach eins dieser unsäglichen Dinger und kreist mit freudig grunzenden Touristen um das Brandenburger Tor.

Während Volksökonomen beklagen, dass übergewichtige Menschen einen erhöhten Ausstoß von Kohlendioxid haben und somit umweltschädlich sind, können diese mit dem Elektroroller zum Gegenschlag ausholen. Der  verspricht nämlich Mobilität ohne dabei der Umwelt zu schaden. Grund genug auch von der Polizei zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt zu werden, findet jedenfalls Beate Bulle-Schmidt, die für die CDU im Gemeinderat Stuttgart sitzt. „Die Ordnungshüter sind mit den Segways schneller“, sagt sie. Durch den Einsatz der Elektroroller sollen Verfolgungsjagden nicht nur rasanter werden, durch den erhöhten Stand erhofft sich die Polizei zudem einen besseren Überblick und mehr Respekt seitens der Verbrecher.

Wer nicht versteht, warum die „Fahrer“ der Elektroroller oft mit voller Schutzmontur im Stadtverkehr herumrollen, dem sei nochmal die rasante Geschwindigkeit von bis zum 20km/h vor Augen geführt. Bei diesem Tempo kann es schnell zu gefährlichen Unfällen kommen, wie der Tod des Firmenbesitzers zeigt. Der 62-jährige Multimillionär Jimi Heselden erlag dem Rausch der Geschwindigkeit und stürzte mit dem Roller über eine Klippe.

Text: Victoria Scheu