Wir Menschen verbrauchen viel. Aber nicht so viel, dass es die Produktion von Hundertrausenden und Aberhundertausenden von PKWs auf der ganzen Welt rechtfertigen würde, die nach ihrer Fertigstellung nicht verkauft werden. Angeblich finden solche nagelneuen Gefährte auf versteckten und abseits gelegenen Parkplätzen überall auf der ganzen Welt ihre letzte Ruhestätte, wie hier beispielsweise zu vermuten, auf einer Halde bei Langwies Überherrn:
Wahrheit oder Lüge? Seit einigen Tagen kursieren im Netz Bilder und Gerüchte darüber, dass die geheimen Parkplätze der Automobilhersteller, nur einen Zweck hätten: Die Autos aus dem Weg zu schaffen, da sie nicht verkauft werden können und die Preise hoch zu halten. Dies ist als „Channel Stuffing“ bekannt und bedeutet, dass Verkaufszahlen durch größere Zulieferung an Händler, als Nachfrage besteht, geschönt werden. Ob es sich hier um eine Verschwörungstheorie handelt und diese Halden in Wirklichkeit Zwischen- oder Auslieferungslager bestimmter Großhändler für Gewerbetreibende sind, darüber lässt sich streiten – wie bei jedem großen sich anbahnenden Skandal. Keine Abnehmer zu finden scheinen beispielsweise laut Behauptungen die Wagen in der Nähe von Schöneck bei Hanau:
Falls die Theorien jedoch der Realität entsprächen, würden auf solchen Parkplätzen die Wagen, für die keine Nachfrage besteht, aber die trotzdem produziert werden, damit die Automobilbranche weiterleben kann, geparkt, da Verschrotten zu teuer wäre. Spinnt man den Faden weiter, ließe sich annehmen, dass die Automobilproduzenten immer mehr Fläche aufkaufen und die Autos wegparken, ohne dass ein Erfolg auf Verkauf in Aussicht ist. Durch diese „versteckt“ gehaltenen Produktionen allerdings, ließe sich der Preis der Modelle auf dem Markt, glückliche Wagen, die im Autohaus landen, nach oben drücken, da das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage verfälscht würde. Das Angebot ist immens, die Nachfrage gering, der Preis entsteht jedoch, indem der Anschein erweckt wird, das Angebot sei gering. So wird der Aktienwert weiterhin geputscht, während die Vehikel angeblich zukunftslos rumstehen. Dieses Stehenlassen hat einen plausiblen Grund: Es ist billiger. Für die Hersteller lohnt es sich nicht, den Wagen billiger zu verkaufen und Angebote zu machen. Es wird ein fiktiver Wert erzeugt, sodass die Preise weiterhin hoch bleiben.
Allerdings wurden im Jahr 2013 65.140.268 Autos weltweit produziert und angeblich über 82.840.000 verkauft, weitaus mehr also, als hergestellt wurden. Dies widerspricht der These. Auch ist anzunehmen, dass die meisten Automodelle, wie zum Beispiel der Skoda RS, BMW-X, Ford Kugas oder Porsches Wartezeiten von bis zu 12 Monaten mit sich bringen. Nur Amerikanische PKW, Französische oder Japanische Modelle sind schneller zustellbar. Diese Zahlen und Fakten stehen über dem Haldenmythos.
Auch ist es schwer vorstellbar, dass die PKW, wie auf Internetportalen behauptet wird, nach wenigen Monaten nicht mehr fahren lassen und deswegen verschrottet werden, denn Neufahrzeuge werden nach der Fertigstellung mit einer geschlossenen Wachsschicht überzogen. Neues Öl im Motor oder im Getriebe schützt den Wagen ebenfalls, so dass dieser über einen langen Zeitraum hinweg auf einer Halde stehen kann. Da Autobatterien erst bei der Auslieferung zum Endkunden voll aufgeladen werden, ist anzunehmen, dass sich diese bei einem längeren Stand entlädt. Dies passiert aber mit jedem Auto, dass längere Zeit nicht genutzt wird. Die einzigen Risiken sind auch bei einer Wachsschicht, Flugrost an Blech und Bremsen. Rost am Tank, kann kaum mehr auftreten, da die meisten Neuwägen heutzutage mit einem Kunststofftank ausgestattet sind. Ein Neuwagen wird außerdem nur mit bis zu zehn Litern betankt, das Benzin selbst kann höchstens an Zusätzen verlieren. Da auf solchen Halden mit keinem Baumbestand zu rechnen ist und es sich lediglich um freie Flächen handelt, sind Lackschäden durch Baumharze oder Vögel größtenteils auszuschließen. Auch die Reifen werden nach der Fabrikation voll aufgepumpt, der Druck lässt aber trotzdem durch Sonneneinstrahlung nach. Dies alles kann in Betracht gezogen werden, bildet aber noch lange keinen Verschrottungsgrund. Es sei denn die Theorie entspricht der Wahrheit und die Wagen werden in den „blauen Dunst“ hineinproduziert.
Das Problem an dieser Sache wäre, nicht nur die komplette Unfairness einer solchen Marktwirtschaft, sondern auch dass sich eine Fabrik nicht schließen ließe, da dies zur Folge hätte, dass die Arbeitnehmer zu tausenden ihre Stelle verlieren würden und so auch diejenigen, die weitergehend in der Stahlindustrie davon betroffen wären, da sie ihre Abnehmer verlieren würden. Eine noch katastrophalere Zuspitzung der Rezession wäre vorprogrammiert.
Fakt bleibt: Die Menge an Autos, die heutzutage einfach rumsteht, ob zum Verschrotten, Zuliefern, Lagern oder gar zum vor sich Hinversauern, ist gigantisch. Neuere, billigere, umweltschonende Modelle und eine Produktion, die auf echter Nachfrage basiert, wären die Lösung. Neuwagen leisten sich heutzutage die Wenigsten. Trotzdem würden ein angemessener Preis und eine auf unsere Zeit abgestimmte Bedürfnisabdeckung mit niedrigem Karbonfußabdruck bei der Produktion und bei der Nutzung, wohl ausschlaggebend für den Kauf sein. Es bleibt zu hoffen, dass die Produktion der Nachfrage entspricht und die Parkhalden nur ein Zwischenlager darstellen.
Text: Anna Lazarescu
Bilder: Google Maps