Russland will bis November 2016 an jeder Tankstelle mindestens eine Elektroladesäule zur Verfügung haben.
Richtig gehört, Russland. Das Land, welches gern ausschweifend mit Krieg droht, Homosexuellen und Transgendern das Leben schwer macht und ein starkes Standbein in der mittlerweile doch etwas wackelig gewordenen Ölindustrie hat. Ein wenig verquer? Hört es sich so an, als wolle man sich von den Sünden freikaufen, die sich haushoch an der Türschwelle türmen? Wenn man die Eckdaten mit in die Überlegungen mit einbezieht, scheint es fast so. Denn zu bedenken ist, dass die Regierung keinerlei Finanzierungshilfe anbietet oder selbst Geld in das Unterfangen investieren will, sondern alle Tankstellenbesitzer dazu auffordert, das Vorhaben in die Tat umzusetzen. Was mit all jenen passiert, die eine solche Investition nicht tätigen können, bleibt erstmal unklar.
Mandat soll Elektroautoverkaufszahlen putchen
Dmitry Medvedev, der russische Premierminister, verspricht sich durch die Installation von Elektroauto-Tankmöglichkeiten bessere Verkaufszahlen von Elektrowagen. Andrei Toptun, Chef der Autostat Automarkt Research Agentur gab in der Moscow Times bekannt, dass bislang nur 500 Elektrowagen in Russland verkauft worden sind. Es lässt sich also kaum von einem existierenden Markt sprechen. Mitunter liegt das an der bislang noch geringen Popularität von alternativen Fortbewegungsmitteln, wie auch der Kälte. Niedrige Temperaturen senken bekanntlich die Reichweite eines elektrischen Wagens. Wer im Auto heizen will, müsste im Schnitt alle 70 Kilometer anhalten, um zu tanken. Auch wurden E-Autos erst 2011 in Russland durch Mitsubishi eingeführt und sind bislang noch relativ teuer. Die billigste Variante fängt irgendwo bei 17.000 Euro an, ein Preis, der für viele undenkbar ist. Der einzige Hersteller im Lande mit Elektrosegment ist AvtoVAZ, die den LADA fabrizieren.
Hauptsache elektrisch?
Jedoch gibt es noch viele weitere Unklarheiten. Bisher wurde nicht festgelegt, was für ein Typ Elektroladesäule angeschafft werden muss. Dies ist heikel, da billigere Modelle zwar bei einem Preis von 1300 Euro anfangen, jedoch im Schnitt um die acht Stunden brauchen, um eine Autobatterie aufzuladen. Der Preis für die Installation und eventuellen Umbau der Tankstelle sind hier noch nicht mit einberechnet. Außerdem hat kein Autofahrer acht Stunden an einer Tankstelle Zeit. Wer teurere Modelle für seine Tankstelle einkauft, hat höchstwahrscheinlich mehr Kunden, muss jedoch erstmal genug Finanzen zur Verfügung haben, um diese Überholung möglich zu machen. Wer eine billige Säule anschafft, um das Mandat zu erfüllen, muss dann allerdings damit rechnen, dass E-Autofahrer zur heimischen Steckdose greifen werden.
Inwieweit die neue Regelung im jetzigen Formulierungszustand Autokäufer zur elektrischen oder Hybridvariante greifen lassen wird, ist also nicht wirklich klar. Es müsste eine weitaus dichtere Infrastruktur her, die nicht nur das Aufladen der Autos möglich macht, sondern auch Ersatzteile und Service-Center in guter Lage garantiert. Anderseits ist jeder kleine Schritt, trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung und könnte zumindest die allgemeine Einstellung zu Elektroautos verbessern und durch die Vernetzung motivierender wirken. Elektroladesäulen in Russland könnten zumindest einen Anfang für das in Europa bereits rapide wachsende Ecomobility-Segment darstellen.
Text: Anna Lazarescu
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