Sharing-Ökonomie mit Vorteilen für die Nutzer und den blauen Planeten

Was wäre, wenn Autonutzer das Auto nur noch genau dann nutzen, wenn sie es benötigen? Benötigen sie es nicht, können andere das Fahrzeug übernehmen. So entsteht eine Wirtschaft des Teilens von Ressourcen, Teil der modernen Sharing-Ökonomie.

Nachdem das Teilen schon in anderen Bereichen der Ökonomie wie etwa bei Ferienwohnungen einen erfolgreichen Siegeszug angetreten hatte, entstand die Idee, zunächst in Großstädten ein Carsharing aufzubauen. Die Autos sollten auch kurzfristig und kurzzeitig, sogar für wenige Minuten, nutzbar werden. Dies sollte für Nutzer wie auch für die Gesellschaft wesentliche Vorteile haben. Die Kosten für die Autonutzung sinken für die Nutzer, weil die Fixkosten auf mehrere Nutzer verteilt werden und die Anzahl der Fahrkilometer tendenziell sinken würde. Die negativen Folgen für die Natur und das Klima sinken, weil Ressourcennutzungen etwa in der Autoproduktion umweltschonend reduziert werden können.

Zu Anfang überwog die Skepsis beim Sharing

Wie oft bei innovativen Ideen standen am Anfang die Bedenkenträger. In Deutschland werde das Sharing niemals funktionieren, so das wichtigste Argument, weil dann der emotionale Bezug der Autobesitzer zu ihrem Fahrzeug verloren gehen würde, was die Nutzer nicht akzeptieren würden. Trotz dieser Argumente wurden in den achtziger Jahren von mutigen Investoren die ersten Carsharingfirmen in Deutschland aufgebaut. Tatsächlich waren erste Versuche in den 60er Jahren gescheitert. Damals war die Bewusstseinsentwicklung einfach noch nicht weit genug und der Klimawandel war dem gesellschaftlichen Konsens noch nicht als Problem bewusst. Schließlich fehlten außerdem noch praktische Buchungs- und Bezahlverfahren über das Internet.

Doch mit einem wachsenden Bewusstsein für das Problem des Klimawandels und dem Durchbruch des Internets haben sich die Zeiten geändert. Heute gibt es mehr als eine Million Carsharingnutzer und über 150 Anbieter in Deutschland. Es wird unterschieden zwischen dem stationsabhängigen Carsharing, bei dem die Autos an festen Stationen deponiert werden, und dem stationsunabhängigen Carsharing, bei dem die Autos irgendwo im Stadtgebiet abgestellt werden. Was die Kritiker damals nämlich nicht erkannt hatten, war, dass gerade in der jungen Generation sich infolge des Klimawandels das Bewusstsein und Verhältnis zum Auto gewandelt hatten. Zwar gibt es noch immer die echten Autoliebhaber, aber immer mehr Menschen sehen das Auto, insbesondere in der Zeit vor einer möglichen Familiengründung, nur als nützliches Instrument für den Transport.

Schon im Sommer hatte eine Untersuchung des Center of Automotive Management CAM aus Bergisch Gladbach tatsächlich ermittelt, dass mehr als 60 Prozent der jungen Stadtbewohner das Auto als emotional nicht wichtig für sich einstuften. Aus dem Statusobjekt ist ein Gebrauchsgut geworden. So wird der Durchbruch des Carsharings gerade in großen Städten verständlicher.

Ähnliche Erfolge gab es in den europäischen Nachbarländern und in den USA sowie in China. Ganz neue Märkte haben sich für das Carsharing aufgetan, indem viele Firmen in den Großstädten auf eigene Fahrzeugflotten weitgehend verzichten und stattdessen die Mitarbeiter auf die Carsharingangebote verweisen, deren Kosten dann ersetzt werden. Allerdings gibt es bis heute einen Nachteil beim Carsharing. Das Modell funktioniert in großen Städten, auf dem Land wird es dagegen – mit Ausnahme weniger Flinkster-Angebote an den Bahnhöfen der Deutschen Bahn – praktisch nicht umgesetzt.

Stau in der Stadt

Die Optimisten hatten Recht, die Bedenkenträger nicht

Eine Untersuchung des Karlsruher Institut für Technologie KIT belegt nun, dass das Sharing die Hoffnungen der Befürworter nicht nur wirtschaftlich erfüllt hat. Abgesehen davon, dass der Carsharingmarkt trotz geringer Umsatzrendite weiter wächst und große Anbieter mit hohen Wachstumsraten in eine strahlende Zukunft blicken, wurde in dieser Untersuchung die Frage gestellt, ob das Carsharing tatsächlich wie erhofft zu einer Reduzierung der Anzahl der genutzten Fahrzeuge und damit zu einer Klimaentlastung führt. Die Ergebnisse der Untersuchung sind deutlich: Pro eingesetztes Carsharingfahrzeug wurden 4,4 Privatfahrzeuge abgeschafft. Drei Viertel der Carsharingnutzer haben sogar ihr einzig vorhandenes Fahrzeug verkauft.

In Berlin, wo die Carsharingflotte des Anbieters Car2go als Untersuchungsobjekt diente, wurden rund 4.616 Privatfahrzeuge verkauft und 11.834 Fahrzeuge gar nicht erst angeschafft. Damit entlastet jedes in Berlin laufende Fahrzeug von Car2go die Umwelt um bis zu 15,8 Pkw. Es wurden 230.000 Kunden des Anbieters befragt, die Datenbasis ist also mehr als ausreichend valide. Der Einspareffekt bezüglich der Gesamtzahl der Autos ist auch bei Weitem größer als der negative Effekt, der darin besteht, dass traditionelle U-Bahnnutzer auf ein Carsharingangebot umsteigen. Jährlich können so in Berlin mehr als 18.000 Tonnen des für das Klima so schädlichen COeingespart werden. Die Untersuchung beweist die Klimafreundlichkeit des Carsharingmodells triumphal. Die Studie hat die bisherigen ökonomischen und gefühlsmäßigen Erkenntnisse wissenschaftlich untermauert und bringt ein eindeutiges Ergebnis. Carsharing und das Sharing allgemein hilft beim Erreichen der Klimaziele.

So besteht heute kein Zweifel mehr daran, dass das Carsharing in den Städten unseres Landes eine große Zukunft hat. Prognosen etwa der Beratung Frost & Sullivan sagen voraus, dass sich die Zahl der Carsharingnutzer von heute etwa 1,2 Millionen bis 2020 auf rund 15 Millionen erhöhen wird. Es nutzt den Menschen genau wie der Umwelt. Carsharing ist somit eine der interessantesten Innovationen im Mobilitätsmarkt in unserem Jahrhundert und der Trend zur Sharing-Ökonomie ein interessantes Modell mit Zukunft.