130 Jahre Geschichte der elektrischen Autos

Sie gilt derzeit als absolute Zukunftstechnologie: die Elektromobilität. Der Staat fördert sie mit Milliarden, die deutschen Autobauer entwickeln erste Fahrzeuge und um den US-Konzern Tesla ist ein regelrechter Hype entstanden. Dabei ist die Elektromobilität eigentlich gar nicht neu. Schon vor genau 130 Jahren fuhr das erste Elektroauto auf deutschen Straßen. Wir zeigen die im wahrsten Sinne des Wortes bewegte Geschichte des Elektroautos. Und schauen, wohin die Reise in Zukunft geht.

Anfänge des Elektroautos in den 1820er Jahren

Es war das Jahr 1821 als Michael Faraday zeigte, wie mit dem Elektromagnetismus eine konstante Rotation erzeugt werden kann. Die Entdeckung bildete die Grundlage auch für heutige Elektromotoren. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten entwickelten Ingenieure auf dieser Basis unterschiedlichste elektrische Antriebsmodelle.
Das erste wirkliche Elektrofahrzeug, das nicht auf Schienen fuhr, baute dann 1881 der Franzose Gustave Trouvé. Sein dreirädriges, elektrisch angetriebenes Fahrzeug konnte immerhin schon 12 km/h fahren. Weitere sieben Jahre später war es dann so weit: Die Coburger Maschinenfabrik A. Flocken stellte 1888 den ersten elektrisch angetriebenen Personenkraftwagen her.

Um 1900 haben E-Autos die Nase vorn

Was heute kaum vorstellbar ist: Ende des 19. Jahrhunderts waren benzinbetriebene Fahrzeuge deutlich langsamer als E-Modelle. So war es im Jahr 1899 auch ein E-Auto, das den Geschwindigkeitsrekord von 100 km/h durchbrechen konnte.

Weitere Argumente, die damals für das E-Auto sprachen, sind auch heute noch bekannt: Die Fahrzeuge produzieren keine unangenehmen Abgase und sind enorm leise. Im Jahr 1900 sah die Verteilung von Autos in den USA wie folgt aus:

• 40 Prozent Dampfwagen
• 38 Prozent E-Autos
• 22 Prozent benzinbetriebene Fahrzeuge

Probleme verursachten die elektrischen Autos nur insofern, als dass die Reichweite mit 60 bis 100 Kilometern vergleichsweise gering war – auch dieses Argument ist heute noch bekannt.

Siegeszug der Benziner ab 1911

Der Höhenflug der Elektroautos sollte nur einige Jahre anhalten. 1911 löste Cahrles F. Kettering eines der bis dato größten Probleme von Benzinfahrzeugen. Und das ausgerechnet mit Elektrizität: Er erfand den elektrischen Anlasser, mit dem sich Verbrennungsmotoren problemlos starten ließen.

Hinzu kam, dass mit dem Ford Modell T im Jahr 1908 das erste Massenfahrzeug als Benziner hergestellt wurde. Schon bald kosteten die Fahrzeuge einen Bruchteil von Dampfern oder E-Autos. Zumal sich die Hersteller von Verbrennungsfahrzeugen auch mit der Ölindustrie auf den Ausbau eines flächendeckenden Tankstellennetzes geeinigt hatten. Das Reichweitenproblem der E-Autos konnte hingegen nicht gelöst werden.

1913 bis 1980er Jahre – absolutes Nischendasein

Schon in den 1920er Jahren wurden so gut wie keine Elektroautos mehr hergestellt. Fälle, wie etwa im Berlin der 50er, wo E-Autos zur Leerung von Briefkästen eingesetzt wurden, blieben absolute Ausnahmen. Vielmehr entwickelten Hersteller wie Ford, Daimler oder VW den Verbrennungsmotor weiter und produzierten Fahrzeuge am Fließband.

1990er Jahre: Das E-Auto kommt langsam zurück

Knapp 100 Jahre nach der Entwicklung des ersten Elektroautos wagten Hersteller wieder erste Testversuche mit den Motoren. Aufgrund geringer Nachfrage stellte aber beispielsweise VW die Produktion des Golf Citystromer wieder ein. General Motors brachte zwischen 1996 und 1999 immerhin knapp über 1.000 Stück des „Vehicle 1“ auf den Markt. Das Modell wurde allerdings später wieder zurückgerufen, weil GM keine Ersatzteile produzierte und damit nicht dauerhaft die Sicherheitsgarantie für das Fahrzeug geben konnte.

Und trotzdem: Die Anstrengungen vieler Hersteller, Elektroautos auf die Straße zu bringen und in Serie zu produzieren, nahmen in den 90er Jahren spürbar zu. PSA Peugeot Citroen brachte es zwischen 1995 und 2005 auf immerhin 10.000 Elektroautos, die jedoch nie in Deutschland verkauft wurden.

2006: Tesla sorgt für Furore

Mit der Vorstellung des Tesla Roadster im Jahr 2006 war dann ein weiterer Meilenstein erreicht. Die Reichweite von 350 Kilometern und die Spitzengeschwindigkeit von abgeriegelten 201 km/h setzten neue Maßstäbe. Auch andere große Hersteller kündigten spätestens 2008 mit Beschluss der Energiewende an, neue Elektroautos entwickeln zu wollen.

Schon im Jahr 2009 kam mit dem Mitsubishi i-MiEV das erste Elektroauto in den Handel, das tatsächlich in Großserie produziert wurde. 2010 folgte mit dem Nissan Leaf das in Europa und den USA am häufigsten verkaufte Elektroauto.

Situation heute

Überraschenderweise haben gerade die deutschen Autobauer lange gezögert, bis sie sich dem Thema E-Auto annahmen. Mittlerweile gibt es aber von VW über BMW bis hin zu Mercedes zahlreiche Elektromodelle aus Deutschland. Selbst Porsche hat für 2019 das erste Elektroauto angekündigt.
Trotzdem ist die Zahl der Elektroautos in Deutschland noch immer gering: Im Jahr 2018 sind gerade einmal etwas mehr als 50.000 E-Autos zugelassen. Insgesamt registriert sind aber laut Bundeskraftfahrtamt 56,5 Millionen Kraftfahrzeuge. Die Gründe für die geringe Verbreitung des Elektroautos sind dann wieder so alt, wie die Idee selbst:

• geringe Reichweite von rund 300 Kilometern im Schnitt
• kein flächendeckend ausgebautes Netz an Ladestationen
• vergleichsweise hohe Anschaffungskosten
• zu lange Ladevorgänge

Und wie sieht die Zukunft aus?

Laut der Bundesregierung ist Elektromobilität die Zukunft. Auch die Autobauer scheinen immer stärker auf den Zug aufzuspringen – obwohl noch umstritten ist, inwiefern die E-Autos tatsächlich umweltfreundlich sind. Fakt ist aber, dass die Reichweiten der Fahrzeuge in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind. Zudem sinken die Anschaffungskosten immer weiter, das Netz an Ladestationen wird verstärkt ausgebaut. Ob wir in 10, 20 oder 30 Jahren aber nur noch Elektroautos auf den Straßen sehen werden, bleibt abzuwarten.