Weckruf statt Rückruf


Ursachenforschung zu massenhaften Rückrufaktionen der Automobilhersteller

Es ist schon kurios, da sollte man meinen die Fertigungstechniken in den Hightech-Fabriken der Autohersteller sind mittlerweile so ausgereift, dass Fehler eigentlich kaum noch passieren dürften und selbst der Unsicherheitsfaktor Mensch wird durch Kontrollen und Kontrollen der Kontrollen ausgemerzt. Doch es gibt andere Faktoren, die scheinbar dazu führen, dass Rückrufaktionen in immer größerem Stil durchgeführt werden. Zum einen sind da die Zulieferbetriebe. Durch extremen Konkurrenzkampf und Preisdruck fallen Qualitätskontrollen schnell mal hinten runter. Es wird beim Material gespart, bei der Verarbeitung. Am Ende zählt nur: Der Absatz und Die Marge muss stimmen. Leidtragende sind am Schluss die Verbraucher, wenn wie bei General Motors geschehen, Zündschlösser mitten in der Fahrt wieder auf die Off-Position zurückspringen, Lenk- und Bremsunterstützung daraufhin ausfällt, und im Falle einer Kollision seolbst die Airbags nicht ausgelöst werden. Es werden mindestens 30 Unfälle, teils mit Todesfolge mit dieser Fehlfunktion in Verbindung gebracht. Eine riesige Abmahnwelle rollt auf General Motors zu. Und da wird auch gleich deutlich, wenn so gravierende Fehler passieren, dann leiden nicht nur die Autofahrer.

Auch für die Automobilkonzerne wirkt sich eine solche Unfallserie oder Rückrufaktionen allgemein, nicht eben verkaufsfördernd aus. Am Ende schießen sich die Hersteller selbst ins Knie, wenn Sie die Zulieferer derart knebeln. Durch die Globalisierung wird die ganze Geschichte noch verschärft. Deutsche Hersteller wie VW drängen mit Billigautos auf den chinesischen Markt. Koreanische Hersteller wie SsangYong versuchen in Deutschland und Resteuropa Fuß zu fassen. Die Öffnung der Märkte hat eben nicht nur Vorteile, schon gar nicht wenn den Ländern verschiedene Maßstäbe und Gesetzmäßigkeiten gelten. Vielleicht ist es an der Zeit den globalen Markt neu zu ordnen und der Zeit und den Gegebenheiten anzupassen. Doch einfacher gesagt als getan, jeder versucht seinen Profit zu maximieren, da ist es schwer bis unmöglich alle Interessen unter einen Hut zu bekommen.

Zurück zum Ausgangsthema: Rückrufaktionen werden immer mehr. Das ist ein Fakt. Das muss man aber nicht nur negativ sehen. Heutzutage werden viel mehr Fehler in der Technik aufgedeckt als in den vergangenen Jahrzehnten. Die Sicherheitssysteme der Autos werden im ausgeklügelter. Immer weniger Menschen sterben im Straßenverkehr. Außerdem geraten Rückrufaktionen viel schneller in die Medien. Die Hersteller sind gezwungen transparenter mit solchen Vorgängen umzugehen, wenn Sie nicht riskieren wollen ihren Ruf zu ruinieren. Bestes Beispiel wie man eine Rückrufaktion würdevoll gestaltet ist Porsche. Nachdem zwei der superteuren Sportwagen GT3 in Flammen aufgingen, holte Porsche die Wägen sofort ins firmeneigene Labor. Sofort wurden alle Käufer des Wagens informiert und gebeten bis zur Aufklärung des Falls ihr Auto stehen zu lassen. Nachdem die Ursache ermittelt wurde, ein Pleuel war nicht richtig verschraubt, rief Porsche sofort alle Exemplare des GT3 zurück in die Werkstatt für einen kompletten Motorwechsel. Eine saubere Sache.

Nun muss man allerdings auch sagen dass der GT3 kein Volumenmodell mit mehreren Millionen PKW am Markt ist. Eine Rückrufaktion lässt sich bei solch geringen Stückzahlen leichter durchführen als bei dem ehemals größten Autobauer General Motors. Dennoch, die Schnelligkeit und Konsequenz des Handelns bei Porsche ist beispielhaft. Man möchte fast das Klischee des ordentlichen und korrekten Deutschen bedienen. Andere Hersteller sind da nicht so strikt und versuchen sich gern mal um eine teure Rückrufaktion zu drücken, mit fatalen Folgen. Es bleibt zu hoffen dass die Transparenz bei den Herstellern einfach noch gesteigert wird und dass Umsätze und Margen nicht über Menschenleben entscheiden, denn alle Assistenzsysteme der Autos helfen nichts wenn der gesunde Menschenverstand beim Bau der Fahrzeuge versagt.

Text: Ralph Oechel