Eines direkt vorweg: Ich möchte hier niemandem und schon gar nicht den Veranstaltern der Motorworld Classics vorsätzlichen Sexismus vorwerfen. Ganz im Gegenteil. Ich war entzückt von meiner ersten Automesse. Allerdings fand ich es auch etwas seltsam, dort zu sein und habe mich als Frau auf der Automesse ein bisschen fehl am Platz gefühlt. Darüber, finde ich, sollten wir reden.
Ich bin kein außerordentlicher Autofreak. Das liegt daran, dass Autos in meiner Familie – auch bei den Männern – nie einen besonders hohen Stellenwert hatten. Man benutzte sie, um von A nach B zu kommen und wenn sie kaputt waren, war das ziemlich scheiße. Auf der anderen Seite verstehe ich, warum wir schöne Autos schön finden und bin definitiv ein großer Freund hoher Geschwindigkeit. Die Faszination für Autos geht mir also nicht gänzlich ab, ich habe einfach nur wenig Ahnung.
Durchaus bewundernd und staunend, stiefelte ich also vergangenen Freitag durch die Berliner Messehallen und besah mir die wirklich wunderschönen Autos, Accessoires und Kleinigkeiten. Ich fand es angenehm und regelrecht gemütlich auf der Motorworld Classics bis ich auf den Stand der Firma Herrenfahrt stieß. Dort warb man mit dem Slogan „gentlemen’s car care“ und ich fragte mich: „Und was ist mit den Ladies?“
Nach einer kleinen Onlinerecherche stellte ich fest, dass der Name und Leitspruch des Unternehmens Herrenfahrt von Autofahrern stammt, die ihre Autos selbst warten, fahren und pflegen und die bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts als „Herrenfahrer“ bezeichnet wurden. Nostalgie hin oder her – ich bin nicht überzeugt. Immerhin war das eben auch die Zeit, in der Ehemänner ihren Frauen noch das Arbeiten verbieten durften.
Als ich an der nächsten Ecke auch noch auf zwei Messehostessen stieß, war es leider geschehen. Ich war sauer. Zwar waren die Damen in ihren schwarzen Kleidern, so knapp, dass ich ihnen von unten bis durch die Nasenlöcher wieder raus gucken konnte, die einzigen ihrer Art auf der ganzen Messe. Dennoch sah ich plötzlich überall nur noch die von Männern geprägte und eingenommene Autowelt. „Was soll denn das?“ und „Ist das jetzt wirklich nötig?“, dachte ich mir. Auf einmal war mir selbst die Rose, die ich am Eingang bekommen hatte, weil ich eine Frau bin, eine ziemlich schwache Entschuldigung dafür, dass man mir heute, wenn auch nicht absichtlich, zeigen würde, dass ich hier die Ausnahme und nicht die Zielgruppe bin.
Die Empörung legte sich glücklicher Weise recht schnell wieder als ich mich im Sommergarten des Messegeländes in einen orangefarbenen Porsche 912 verliebte. Bei einem Kaufpreis von 62.912 Euro sah ich ein, dass man sich auch als Besitzer eines eher schmalen Portemonnaies auf so einer Oldtimermesse etwas fehl am Platz fühlen kann, nicht nur als Frau.
Dennoch beschäftigten mich einige Fragen in den nächsten Tagen sehr: Warum ist es nötig, leicht bekleidete Frauen neben ein ohnehin schon traumhaftes Auto zu stellen? Warum muss man heute noch mit Männlichkeit für Autoprodukte werben? Und im noch weiteren Kontext: Wieso gelten Autos, Motorräder und Co eigentlich immer noch als „Männerding“?
Viele Frauen – und da nehme ich mich nicht aus – interessieren sich nicht wahnsinnig für Autos. Das liegt nicht daran, dass sie Frauen sind und es liegt auch ganz sicher nicht daran, dass Männer sie nicht lassen. Die Etablierung des Autos als Männerding war ein gesellschaftlicher Prozess, der mit der Erfindung des Automobils anfing und zu dem Begriffe wie „Herrenfahrer“ sicher ihren Teil beigetragen haben. Das nun nach über 100 Jahren zu ändern mag nicht die größte Priorität auf der Liste der Gleichberechtigungsbaustellen haben. Aber müssen wir der Sache im Wege stehen, indem wir eine Autopolitur mit lässig, eleganter Männlichkeit bewerben? Ich finde nein und werde nun orangefarbene Porsche 912 googlen.
Bilder: Ralph Oechel