Die Begeisterung für Elektroautos wächst, denn es heißt oft vereinfacht nur, dass Elektroauos sauberer sind. Doch damit einhergehend werden auch zunehmend kritische Stimmen laut. Einige Expertenanalysen und Studien zeichnen ein eher düsteres Bild. Sogar Dieselfahrzeuge werden vereinzelt als ökologisch vorteilhafter gesehen. Doch wie verhält es sich wirklich? Sind Elektroautos sauberer? Und ab wann sind elektrische Fahrzeuge gegenüber ihren Pendants mit Verbrennungsmotoren im ökologischen Sinne im Vorteil? Wenn du darauf eine eindeutige Antwort suchst, wirst du zwangsläufig enttäuscht sein. Schließlich hängt es von den herangezogenen Werten und den betrachteten Details ab, wie die Beantwortung der Frage ausfällt. Im Moment scheint eine Tatsache klar zu sein: Die CO2-Bilanz von Elektrofahrzeugen, die mit Strom aus Deutschland betrieben werden, ist gegenüber Autos mit Verbrennungsmotoren beim eigentlichen Fahren ausgesprochen gut. Der Wirtschaftswoche zufolge verursacht ein E-Auto heute bereits weniger als die Hälfte der CO2-Emissionen von Benzinern und Dieseln – ein unschlagbares Argument dafür, dass die Elektroautos sauberer sind.

Wenn dann aber die CO2-Emissionen gegengerechnet werden, die für die Produktion der Elektroautos und insbesondere für die Herstellung der Batterien anfallen, sieht die Sache anders aus. Pessimistische Schätzungen gehen davon aus, dass ein E-Auto weit über 150.000 Kilometer gefahren werden muss, damit das bei der Batteriefertigung anfallende CO2 gerechtfertigt werden kann. Wenn du die unterschiedlichen Presseveröffentlichungen verfolgst, wirst du feststellen, dass Journalisten ebenso wie Experten und Studien diverse Rechenspiele anstellen. Dabei werden verschiedene Rahmenbedingungen vorausgesetzt und idealisierte Werte herangezogen, um Elektroautos eine positive oder negative CO2-Bilanz zu bescheinigen. Doch mit ihrer recht einseitigen Fokussierung auf das Treibhausgas CO2 greifen die oftmals eifrig geführten Diskussionen zu kurz. Schließlich können Umweltschäden beim Abbau von Rohstoffen für die Batterieherstellung nicht nur anhand der verursachten CO2-Emissionen bewertet werden.

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Das Problem mit der Interpretation von Daten

Ein Hauptproblem bei vielen öffentlichkeitswirksam publizierten Analysen ist, dass sie sich in der Regel ausschließlich mit der Höhe der CO2-Emissionen auseinandersetzen. Um aufzuzeigen, ob Elektroautos sauberer sind als Verbrenner oder nicht, werden CO2-Emissionswerte herangezogen und gegengerechnet. Das Resultat wird, du ahnst es schon, als Argument für oder gegen Elektroautos gebraucht. Sobald andere theoretische und zumeist idealisierte Werte verwendet werden, kommen die Experten verständlicherweise zu anderen Ergebnissen. Dadurch entstehen dann nicht selten polemische Argumentationen, die sich den Verdacht gefallen lassen müssen, von wenig hinterfragten wirtschaftlichen oder ökologischen Überzeugungen geleitet zu sein.

An dieser Stelle solltest du einen Blick vor Ort zu denjenigen werfen, welche die wertvollen Rohstoffe wie Lithium und Kobalt für die Batterieherstellung gewinnen. Hier war etwa ein Filmbeitrag der ARD-Reihe „Die Story“ im Ersten sehr aufschlussreich. Darin beschreibt Sarah Lincoln von der Organisation Brot für die Welt die Situation einer der weltweit führenden Lithiumabbauregionen in den argentinischen Anden. Demnach verdunsten für die Gewinnung von tausend Kilogramm Lithium, neben giftigen Chemikalien, zwei Millionen Liter Wasser. Der sinkende Grundwasserspiegel bedroht die Lebensgrundlage der Menschen, die dort beispielsweise Rinderzucht betreiben. Wie du sehen kannst, sind das Pro und das Kontra in puncto Autobatterie nicht ausschließlich an die Frage geknüpft, wie viele CO2-Emissionen bei der Batterieproduktion entstehen. Das Problem ist viel weitreichender.

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Ist die Frage nach den ökologischen Vorteilen der Elektroautos gegenüber Verbrennern derzeit überhaupt zu beantworten?

Objektiv gesehen: Nein. Subjektiv gesehen musst du das allerdings immer für dich selbst entscheiden. Die E-Mobilität hat enormes Potenzial. Der CO2-Verbrauch beim Betrieb der Fahrzeuge in Deutschland ist schon jetzt ein Anreiz, der für viele Automobilhersteller und Autofahrer unwiderstehlich ist. Das liegt insbesondere daran, dass hierzulande Atomkraftwerke und Windräder einen hohen Anteil am Energiemix haben. Sie verursachen vergleichsweise wenig CO2. Allerdings wird die Elektromobilität mit Sicherheit nicht ausschließlich durch eine positive CO2-Bilanz zur sauberen Technologiealternative. Klar ist schon jetzt: Um mit einem Elektroauto weniger CO2-Emissionen als mit einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor zu erzeugen, musst du mit Sicherheit weit mehr als hunderttausend Kilometer zurücklegen, wobei du die Batterie nicht durch eine neue ersetzen darfst. Andernfalls wäre selbst die CO2-Bilanz sehr schlecht, da ein großer Teil der CO2-Emissionen bei der Batterieherstellung anfällt.

Wann Elektromobilität im Vergleich zum Fahren mit Verbrennungsmotor tatsächlich sauberer sein wird, kann dir im Moment niemand seriös beantworten. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass China und Korea prominente und wichtige Lieferanten essenzieller Rohstoffe für die Batterieproduktion sind. Dort ist Kohlestrom, ein Spitzenreiter bei den CO2-Emissionen, kein Tabuthema wie in Deutschland. Für die Gewinnung, die Aufbereitung und den Transport wird er bedenkenlos genutzt. Letztendlich ist die Politik hierzulande gefragt, durch Rahmenbedingungen dafür zu sorgen, dass eine saubere Elektromobilität tatsächlich realisierbar wird. Dazu zählt, dass bei der Batterieproduktion weder die Umwelt nachhaltig geschädigt wird, noch dass Gewinnungsmethoden angewendet werden, welche die verführerische CO2-Bilanz bei der Nutzung von Elektrofahrzeugen konterkarieren. Die gesamten CO2-Emissionen, die bei der Fabrikation und bei dem Gebrauch von E-Automobilen entstehen, nennen die Fachleute CO2-Rucksack. Wenn die Größe dieses Rucksacks mit nur geringen Abweichungen verlässlich bestimmt werden kann und wenn politische Rahmenbedingungen verhindern, dass die Umwelt beim Abbau der Batterierohstoffe nachhaltig geschädigt wird, dann darfst du davon ausgehen, dass Elektroautomobile effektiv sauberer als Verbrenner sein können.