Autokinos – amerikanische Nostalgie in Deutschland

Auf der Leinwand läuft ein Klassiker und in der letzten Reihe sitzen der Quarterback und seine hübsche blonde Cheerleaderfreundin in Papas Buick und knutschen. Beim Gedanken an ein Autokino spielen sich im Kopf ganz automatisch Szenen ab, die auch aus Grease oder Dirty Dancing stammen könnten. Denn Autokinos machen uns nostalgisch, selbst wenn wir ihre Blütezeit nicht miterlebt haben. Sie sind wahre Relikte der Vergangenheit und heute leider selten. Wir haben euch dennoch eine kurze Geschichte des Autokinos sowie eine kleine Liste der schönsten ihrer Art in Deutschland zusammengestellt.

Das Autokino – ein US-amerikanisches Phänomen

Im Jahre 1933 eröffnete der Amerikaner Richard Hollingshead Junior am Rande der Stadt Camden im US-Bundesstaat New Jersey das weltweit erste Autokino. Als Projektionsfläche diente damals eine Mauer und der Ton kam aus drei großen Lautsprechern. Heutzutage werden natürlich zumeist Leinwände genutzt und auch die Lautsprecher haben in den meisten Autokinos ausgedient. Der Ton wird üblicherweise via UKW an die Autoradios der Kinobesucher übertragen. Dennoch legte der Besitzer einer Firma für Autopflegemittel mit seinem Kino in Camden den Grundstein für den Siegeszug des Autokinos in den USA.

Während zur Zeit des Zweiten Weltkrieges nur wenige Kinos eröffnet wurden, erlebte das Autokino in den 1950er und 1960er Jahren seine Hochzeit in Amerika. Etwa 4.000 Autokinos soll es in diesen Jahrzehnten in den Staaten gegeben haben.
In Deutschland hingegen kam die Begeisterung für Autokinos nie so richtig an. Hier feierten die Freiluft-Filmtheater erst in den 1970ern den Höhepunkt ihrer Popularität mit nur etwa 40 Autokinos bundesweit. Heute bewegt sich die Zahl der deutschen Autokinos um die 15 bis 20 Stück, die oft weniger Teil der deutschen Kinokultur sind als vielmehr Hommage an das US-amerikanische Phänomen der 1950er und 1960er. Dennoch lohnt sich ein Besuch, des Gefühls wegen.

Die schönsten Autokinos Deutschlands

Berlin
Das Autokino in der Hans Grade Allee ist eines von zwei Autokinos am Stadtrand Berlins und eine der erwähnten Hommagen an die klassischen amerikanischen Autokinos. Im Stil der 1950er Jahre gehalten zeigt das Kino in der Nähe des Flughafen BER für 7 Euro pro Person sowohl aktuelle Produktionen wie auch Klassiker a la Grease, Dirty Dancing und Pulp Fiction. Das ganze Programm und Anfahrtskizzen gibt es auf der Website des Kinos.

Leipzig
Im Gegensatz und den anderen deutschen Autokinos, die sich entweder am Rande von Städten oder gänzlich in der Pampa befinden, ist Leipzig das einzige IN der Stadt. So befindet sich das Leipziger Autokino auf einem Parkplatz etwa 100 Meter hinter dem Nordeingang der Alten Messe. Besonders sympathisch: Wer Snacks kaufen will, muss nur kurz den Warnblinker anschmeißen und wird bald darauf von einem Mitarbeiter auf Inline-Skates bedient. Eintritt sind hier 8 Euro pro Person und das Programm findet ihr hier.

Greifensteine bei Geyer
Das Autokino „Anamare“ liegt überaus günstig direkt auf dem Parkplatz eines Freibads im Erzgebirge. Ein Besuch dort lässt sich also ganz hervorragend mit einem vorherigen Sprung ins kalte Nass verbinden. Und auch hier gilt: Warnblinker an, Snacks kommen. Ein Kinobesuch kostet hier 7 Euro pro Nase und auf der den 1990ern entlaufenen Website des Kinos heißt es sympathischerweise: „Wir spielen jeden Tag, und ja wie spielen auch, wenn nicht viele kommen. Auch wenn’s nur einer ist.“

Gravenbruch
Das Autokino Gravenbruch bei Frankfurt am Main ist ein geschichtsträchtiger Ort. Es war das erste Autokino Deutschlands, ist somit hierzulande das älteste seiner Art und das zweitälteste in ganz Europa. Heute ist es eines von fünf Kinos der Drive-In-Autokino-Kette und zeigt täglich aktuelle Filme, zum Teil sogar in Originalfassung. Ein Ticket gibt es für 7 Euro und das aktuelle Programm immer hier.

Zempow
Das Autokino im brandenburgischen Zempow ist eine wahre Berühmtheit. Mit „Vor Einbruch der Dunkelheit“ schuf der Regisseur Jean Christopher Burger sogar einen Dokumentarfilm über das erste und einzige Autokino der DDR. Heut gibt es in den neuen Bundesländern natürlich mehr davon, damals in den 1970ern und 1980ern allerdings war das Autokino in der Ostprignitz ein Publikumsmagnet und echtes Erlebnis. Ein Erlebnis ist das über Sandwege durch den Wald zu erreichende Kino auch heute noch und allein wegen seines Charmes immer noch einen Besuch wert. Selbst wer mit dem Traktor anreist, zahlt nur 6 Euro pro Person. Wenn das mal nix ist. Den „Spielplan“ gibt es hier.

Langenhessen
Das Autokino im sächsischen Langenhessen befindet sich wirklich günstig gelegen direkt an der Kobertalsperre und bietet neben dem Besuch aktueller Filme auch Boote zum Verleih. So kann der geneigte Besucher den Tag auf dem Wasser beim einem Film im eigenen Auto ausklingen lassen. Das Programm gibt es online einzusehen und zweimal in der Woche, am Montag und am Mittwoch, zum Kinotag kostet eine Vorstellung nur 6,50 Euro. Weiteres Highlight des Langenhessener Autokinos: Sie sind auch mobil unterwegs. Das heißt, wer möchte, hat die Möglichkeit das mobile Autokino zu mieten, für Feiern, Events oder einfach, weil er es kann.

 

Fotos: Riccardo Bernardi/ pexels – Markus Spiske/ pexels – Burak Kebapci